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Politischer Klientelismus und funktionale Differenzierung
Habilitationsprojekt: Dr. Isabel Kusche
Unter politischem Klientelismus versteht man das Gewähren von Vorteilen im Tausch gegen politische Unterstützung, insbesondere in Form von Wählerstimmen. Die Forschung hat dieses Phänomen als spezifischen Typus sozialer Beziehung beschrieben oder die mit ihm verbundenen politischen Praktiken, z.B. bei der Vergabe von Posten, nachgezeichnet.
Während dabei zunächst Entwicklungsländer im Mittelpunkt der Betrachtung standen und Klientelismus als Relikt traditionaler patrimonialer Strukturen begriffen wurde, gilt er inzwischen als variabel ausgeprägtes Merkmal auch etablierter Demokratien.
Für die Theorie der funktionalen Differenzierung stellt sich damit die Frage, ob politischer Klientelismus Indiz für eine unvollständige Ausdifferenzierung des politischen Systems ist oder einen spezifischen Pfad dieser Ausdifferenzierung prägt.
Das Projekt nimmt daher nicht die einzelne Patron-Klient-Beziehung in den Blick, sondern untersucht, auf welche Weise das ihr zugrunde liegende Machtverhältnis politische Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten vorstrukturiert.
Die übliche systemtheoretische Beschreibung ausdifferenzierter Politik dient als Hintergrund, vor dem die Funktionsweise von Macht als symbolisch generalisiertem Kommunikationsmedium und die Komplementarität von Erwartungen an politische Leistungsrollen und Publikumsrolle für den klientelistischen Fall rekonstruiert werden.
Ziel ist es zum einen, das theoretische Konzept der Ausdifferenzierung am Beispiel der Politik zu präzisieren und dabei die empirische Vielfalt in der Ausgestaltung demokratischer politischer Systeme ernst zu nehmen. Zum anderen geht es darum, die heterogenen Beiträge der Klientelismusforschung durch eine Anbindung an die Gesellschaftstheorie zu systematisieren.